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Leben mit Adipositas | 6 min. lesezeit

Wie ich zu einem Vertreter für Veränderung wurde

"Früher dachte ich, dass die Patientenvertretung nur für Menschen gedacht ist, die nicht für sich selbst einstehen können: verletzliche Patienten in häuslicher Pflege oder Patienten mit psychischen Problemen. Ich dachte, dass Interessengruppen grosse Organisationen sind, die sich nur für grosse Probleme wie Patientenrechte, Patientenvertretung und Krankheitsbewusstsein einsetzen. Heute weiss ich, dass es bei der Patientenvertretung um so viel mehr geht."
– Susie Birney

Was ist Patientenvertretung?

Meine Betrachtung der Patientenvertretung hat sich vollständig geändert, seit ich Mitglied der European Association for the Study of Obesity (EASO) und Mitglied der Expertengruppe für Krankheitserfahrung (Disease Experience Expert Panel, DEEP) von Novo Nordisk wurde. Ich verstehe jetzt, dass jeder ein Patientenvertreter ist, der Patienten seine Stimme leiht oder im Namen von Patienten handelt, um die Welt im Allgemeinen – einschliesslich der Öffentlichkeit, Politikern und Gesundheitsdienstleistern – über das Leben mit Adipositas sowie über angemessene Behandlung und Versorgung zu informieren. Ich habe auch erkannt, dass ich in vielen Fällen diese Person bin!

Ich wurde ein Patientenvertreter – aus Versehen

Alles nahm 2009 seinen Anfang, als ich über eine Gewichtsmanagementklinik in Dublin einer Online-Patientenselbsthilfegruppe beigetreten bin. Ich wurde Administrator der Gruppe und es dauerte nicht lange, bis ich Ideen beitrug, wie Patienten einander unterstützen könnten. Dazu gehörten Spaziergänge mit Familien (für alle Fitnessstufen geeignet), ein gesundes gemeinsames Mittagessen mit dem Austausch von Rezepten und Programme mit lokalen Aktivitäten, bei denen sich Menschen treffen und einander ermutigen konnten. Ich war ohne es selbst zu wissen ein Patientenvertreter!

Als Mitglied von EASO und der Association for the Study of Obesity Ireland  (ASOI) gebe ich meine Erfahrungen als jemand, der mit Adipositas gelebt hat und immer noch mit Adipositas kämpft, nun an andere weiter. Ich bin bei einer EASO-Richtlinienkonferenz als Rednerin aufgetreten und beteilige mich nun an Projekten zur Unterstützung von Menschen, die mit der Krankheit leben. Je mehr ich involviert bin, desto mehr möchte ich involviert sein.

Wie wird man Patientenvertreter?

Menschen, die mit Adipositas leben, können damit beginnen, einander zu unterstützen. Es kann ganz einfach sein. Man kann sich zum Beispiel mit einer kleinen Gruppe zu einem Erfahrungsaustausch treffen. Online-Selbsthilfegruppen können, wenn sie privat sind, bei der Förderung der gegenseitigen Unterstützung ebenfalls sehr effektiv sein. Dies klingt vielleicht nicht nach wirkungsvollen Lösungen, aber diese einfachen Dinge können überraschende Auswirkungen haben.

Vor einigen Jahren wurde die öffentliche Finanzierung der Adipositaschirurgie in Irland gestoppt. Was die Anzahl Operationen pro Jahr angeht, liegt Irland weit hinter anderen europäischen Ländern zurück. Als Reaktion darauf hat sich unsere Selbsthilfegruppe zusammengetan und sich an lokale Politiker gewandt und von ihnen eine Antwort verlangt. Dies führte dazu, dass die Frage im Parlament gestellt wurde: Warum wird dringend bedürftigen Personen diese lebensrettende (und kostensparende) Behandlung verweigert? In der Zwischenzeit waren Einzelpersonen an die nationalen Medien gegangen, um das dringende Erfordernis sowie die Vorteile dieser Behandlung zu betonen.

Die Finanzierung wurde bald wiederhergestellt, und seitdem wurde ein neuer Chirurg eingestellt und die Wartelisten sind kürzer geworden. Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Tatsache, dass Patienten sich eingemischt haben, zu dieser positiven Veränderung geführt hat, aber das daraus resultierende Gefühl der Patienten, etwas erreichen zu können und ihre Stimmen zu erheben, war unglaublich und inspirierend.

Jeder kann sich für Veränderung einsetzen

Wenn ich also heute an Patientenvertretung denke, denke ich nicht nur an grosse Gruppen, wie die  Obesity Action Coalition  oder EASO. Ich denke auch an Einzelpersonen, die jeden einzelnen Tag in ihren Gemeinden das Bewusstsein stärken und Meinungen ändern. Menschen wie Marty Enokson aus Kanada, der für seine Bemühungen ausgezeichnet wurde, und der mich ermutigt hat, meine eigene Stimme zu erheben. Menschen wie Paul und Angela Chesworth aus Grossbritannien, die sich ständig Gehör in der Öffentlichkeit verschaffen.

Diese Personen und viele andere in aller Welt haben mir geholfen, zu verstehen, dass viele Menschen, wenn sie sich zusammenschliessen, etwas erreichen können. Unabhängig davon, ob Sie sich in Ihrer eigenen lokalen Gemeinde einsetzen oder Teil einer internationalen Interessenvertretung sind, kann Ihre Stimme zu einer grossen und positiven Veränderung beitragen.

Wie Sie sich beteiligen können

Wenn Sie mit Adipositas leben, konzentrieren Sie sich auf die Ergebnisse, die Ihnen wichtig sind. Stellen Sie die schweren Fragen zu Versorgungs- und Behandlungslücken. Verschaffen Sie sich Gehör – durch die Beantwortung von Umfragen, die Gesundheitsverantwortlichen in der Gemeinde und Krankenhausleitern nützliches Feedback zu der wahrgenommenen Qualität und Zugänglichkeit von Gesundheitsdienstleistungen geben. Sie können sich auch an der Änderung von Verhaltensweisen, der Stärkung des Bewusstseins und der Weiterbildung von Menschen beteiligen – Sie können hier mit Ihrer eigenen Familie und Ihren Freunden beginnen.

"Unabhängig davon, ob Sie sich in Ihrer eigenen lokalen Gemeinde einsetzen oder Teil einer internationalen Interessenvertretung sind, kann Ihre Stimme zu einer grossen und positiven Veränderung beitragen."

-Susie Birney

Wir alle müssen uns für die Veränderung im öffentlichen Raum einsetzen und dabei können soziale Medien ein wirkungsvolles Hilfsmittel sein. Die kürzliche Veröffentlichung eines internationalen Modemagazins mit einem Plus-Size-Model auf der Titelseite löste eine erhitzte Online-Debatte aus und natürlich gab es auch viele beissende Bemerkungen über die "Förderung von Adipositas". Und dennoch hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass es genauso viele positive und aufmunternde Kommentare von Fachleuten und Mitgliedern der allgemeinen Öffentlichkeit gab. Mehr als je zuvor – das war zumindest mein Gefühl.

Viele Menschen können etwas bewegen

Möglicherweise geschieht die Veränderung langsam, aber sie geschieht. Und sie geschieht, weil Patientenvertreter sich zu Wort melden. Wenn viele Menschen sich zusammenschliessen, kann und wird dies diesen Prozess beschleunigen und die Anzahl der Stimmen erhöhen, die diejenigen verteidigen, die sich nicht selbst verteidigen können. Wenn man zusammen an einer gemeinsamen Vision arbeitet, kann dies ganz gewöhnliche Menschen befähigen, Aussergewöhnliches zu erreichen.

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